Ich hab bemerkt, dass ich ein Ideenspringbrunnen bin. Gleichzeitig hab ich erkannt, dass ich mein ganzes Leben damit verbringe, anderen zu gefallen. Vor kurzem hab ich in meinen Tag- und Nachtheften (benannt nach Max Weiler) worin ich regelmässig die Auseinandersetzung mit mir selbst suche, verstanden, dass das Immer-für-andere-da-zu-sein eine Ablenkung ist. Eine Ablenkung vor mir selbst, eine Flucht vor der Verantwortung meinem eigenen Glück gegenüber.
So kann ich zwar auf viele, viele Schatzkisten mit Ideen zurückgreifen. Da finden sich Geschäftsmodelle, Produktprototypen, ganze Musterkollektionen, Kunst und Strick, allerdings fällt es mir bis zum heutigen Tage schwer diesen Ideenspringbrunnen auf die Erde zu bringen und mich ganz zu zeigen. Manchmal scheint es als ob es schlimmer und schlimmer werden würde. Dann kann ich den Beginn des Fadens, von wo ich den Knäul aufwickeln und zu einem Fadenballen werden lassen kann, nicht sehen. Es ist ein Wirrwarr von Begonnenem, von hoffnungsvollen Gedanken und von grünen Schleimmonstern, die es sich auf meiner Schulter bequem gemacht haben und mir die Welt, wie sie wirklich ist, erklären wollen.
Vielleicht ist der Missetäter die unerwartete Erkenntnis, dass das Leben unbeständig ist und ich – wie alle – so viele Möglichkeiten habe.
Ich hab die Tür für diese Möglichkeiten in der letzten Zeit sehr weit geöffnet. Meine Kreativität hat begonnen frei zwischen den Verknotungen zu fliessen. Die Vielfalt meiner Ideen stiegen wie Luftblasen unter den verknoteten Fäden auf.
Alles was ich jetzt tun kann, ist einen Schritt vor den anderen zu setzen, zu spielen und zu schaffen. Auch wenn es sich manchmal wie sehr verloren und auf einem großen unbekannten Terrain anfühlt.
Ich weiss, dass ich, um meinen ganz eigenen Weg finden zu können, alles vergessen muss, was ich jemals gekannt habe. Ich weiss, dass ich mir in diesem Moment Zeit lassen will. Zeit für das Spiel, Zeit für´s Experiment
Mein Muster für die Wochenchallenge ist aus der Faszination von eng aneinander gesetzten Linien entstanden. Mit dem Bleistift gezeichnet, bekommen diese immer etwas Stoffliches. Mich interessierte, ob die Umsetzung in ein Druckmodel auch möglich ist. Das Linolschnittwerkzeug kann nicht so fein schneiden, wie ein Stift zeichnen kann. Auch die Präzision ist nicht vergleichbar. Was mich aber sehr in der Wirkung beeindruckte, war, dass es da im fertigen Muster plötzlich dieses Bild von Wellen gab, die übereinanderschlagen.
Ein Bezug zu Japan
In Japan hat das Designen von Mustern schon eine sehr lange Tradition. Vor allem in der Edo-Zeit, der längsten Friedenszeit in der japanischen Geschichte entwickelte sich das Bedrucken von Stoffen zu einer jetzt noch wahrnehmbaren Größe.
Mein Muster, das aus einem Spiel entstanden ist, könnte in die Reihe von japanischen Kiribori’s passen. Dabei hat jede Linie oder jeder Punkt ihren Wert in der Bildgestaltung, genauso wie der Pinselstrich des Bildermalers. Diese Grundregel führt dann zu einem Muster, dass in der Distanz zu etwas ganz eigenen und über die Linie hinaus zu einem Bild führt.
Wird nur eine Farbe gewechselt, ergibt es sofort einen anderen Effekt. Die Attraktivität dieser Muster liegt in der Fähigkeit sowohl Tiefe in der Farbigkeit als auch die Weite eines endlosen Bildes zu erzeugen.
Liebe Uli, Dein Text berührt mich sehr und Dein Muster, zeigt Bewegung, Spiel und erhöht sofort meine Freude… In diese Bewegung entlasse ich meinen Blick freudig, weil das Schwingen mich spannt und entspannt, keine Wiederholung, sondern Aufschwung spüre ich in diesem Muster… richtig klasse und die Bezüge zu der japanischen Edo Zeit gehe ich gerne mit und erkenne die Kunsthistorikerin…
Ich danke dir sehr!